8 Ayurvedische Empfehlungen: Wie soll ich essen?

Unser Appetit ist die Einladung des Körpers an uns, uns selbst zu nähren. Diese Einladung sollten wir dankbar annehmen und die Gelegenheit bewusst dazu nützen, uns die bestmögliche Nahrung (und Nährung) zu gönnen.

Bitte mach Dir diesen kurzen Gedanken noch einmal ganz bewusst: Jedes Mal, wenn Du Appetit empfindest, erhältst Du die Chance, Dir selbst und Deinem Körper etwas Gutes zu tun und Deine Gesundheit zu stärken. Deine ganz persönliche Einladung. Ist das nicht wundervoll?!?

Was ist nun aber die bestmögliche Ernährung? Welches ist das optimale Essen? – Häufig setzen wir bei der Beantwortung dieser Fragen das Augenmerk sehr stark auf die Auflistung einzelner Nährstoffe: Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe, etc. Im Zweifelsfall besorgen wir uns das Fehlende eventuell in Form von Kapseln oder Tropfen im Drogeriemarkt…

Nicht alles, was dem Körper allerdings zugeführt wird, kann vom Organismus dann auch immer verstoffwechselt und verwertet werden. Wichtig ist also nicht nur, was wir essen, sondern auch – und vor allem – was unser Körper damit macht und welche Wirkung wir letztendlich in uns spüren: Fühle ich mich nach dem Essen wohl? Habe ich Energie? Bin ich nach dem Essen zufrieden und wohlig gestärkt?

Das ganzheitliche Gesundheitssystem Ayurveda kennt 8 Faktoren, die eine optimale Ernährung ausmachen:

DIE NATUR DES ESSENS: das heißt die spezifischen Eigenschaften der einzelnen Lebensmittel. Eine grundlegende Empfehlung für gesunde Menschen lautet dabei: Jede Mahlzeit soll alle 6 Geschmacksrichtungen enthalten. Aber unsere Lebensmittel unterscheiden sich darüber hinaus auch durch andere Eigenschaften: So sind Birnen etwa kühlend, während Marillen erhitzend auf den Körper wirken; Gerste ist ein leichtes, trockenes Getreide, während (gekochter) Hafer beispielsweise als schwer und sehr nährend beschrieben wird…

DIE VERARBEITUNG: Vielleicht möchtest Du sogar selbst ausprobieren, was damit gemeint ist: Bau Dir eine kleine Versuchsstation auf und probiere folgende Kostproben im Vergleich: eine frische, knackige Babykarotte roh; eine dicke, schon länger lagernde Karotte roh; geriebene rohe Karotte mit etwas Zitronensaft, mit Ingwer und Zimt bestreut; Karottenscheiben im Dampf zart gegart; übermäßig verkochte Karottenstücke in einem Eintopf; pürierte Karottensuppe mit schwarzem Pfeffer gewürzt und frischen Kräutern garniert… – Vermutlich wird Dir schon beim Lesen bewusst, dass sich die Eigenschaften der Lebensmittel auch dadurch verändern, je nachdem, wie wir unsere Mahlzeiten zubereiten. Es macht einen Unterschied, ob ich koche, backe, frittiere, fermentiere… oder womöglich die Mikrowelle verwende. Es macht einen Unterschied, ob ich Milch, Buttermilch oder Joghurt trinke. Es macht einen Unterschied, ob ich den Reis in einem offenen Topf koche und das überschüssige Wasser am Ende abgieße oder ob ich den Reis im Dampfkochtopf koche, wo alles Wasser im Reis verbleibt… Hab Spaß dabei, Dich in nächster Zeit in der Küche und beim Essen zu beobachten und deine eigenen Erkenntnisse zu sammeln!

LEBENSMITTELKOMBINATIONEN: Die jahrtausendelange Erfahrung der Menschheit zeigt uns: Manche Lebensmittel sind der Gesundheit in Kombination zuträglich; andere bewirken genau das Gegenteil und schädigen bei wiederholtem Genuss die Verdauungskraft und in weiterer Folge den allgemeinen Gesundheitszustand. Milch und Obst (mit ganz wenigen Ausnahmen) ist so ein Fall für eine tatsächlich nicht empfehlenswerte Kombination. Apfel mit Zimt hingegen kennen die Meisten von uns als eine sehr stimmige und wohltuende Kombination…

MENGE: Wie viel ist zu viel? Wie viel ist gerade recht? – Ein gesunder, ausgeglichener Mensch spürt im Grunde, wann er gerade satt ist. In unserer herausfordernden, schnelllebigen Zeit ist vielen von uns aber dieses gesunde Gespür etwas abhandengekommen. Auch hier hilft uns Ayurveda mit einer ganz praktischen Empfehlung: Die Hälfte unseres Magens soll mit festem Essen gefüllt werden, ein Viertel des Magens mit Flüssigkeit – und ein Viertel des Magens soll leer bleiben, damit die Verdauungssäfte mit ihren Enzymen ihre Arbeit tun können…

ORT: Der Ort, wo Du lebst, mit seinem Klima, aber auch seiner gesamten kulinarischen Kultur prägt ganz wesentlich, wie Du Dich ernähren kannst und sollst und möchtest. „Regional“ kaufen und essen ist nicht erst ein Schlagwort des 21. Jahrhunderts, sondern eine jahrtausendealte bewährte Weisheit…

ZEIT: Der richtige Zeitpunkt zu essen… bringt uns wieder zur Frage des gesunden Gespürs. Ganz banal gilt: Iss, wenn Du hungrig bist. Iss nicht, wenn Du nicht hungrig bist. (Sei dabei ganz ehrlich mit Dir selbst, um nicht echten Hunger und trügerische Heißhunger-Gelüste zu verwechseln…)

DER ESSER / DIE ESSERIN… also DU als Individuum! – Du unterscheidest Dich von allen anderen Menschen auf dieser Welt in deiner ganz persönlichen Grundnatur, aber auch in deinem Lebensalter, deinen momentanen Schwankungen und Ungleichgewichten, die der Alltag nun mal so mit sich bringt. Deine Verdauungskraft kann von Natur aus kräftig oder schwach, regelmäßig oder unregelmäßig, schnell oder langsam sein. Und sicherlich hast du im Laufe Deines Lebens gewisse Essgewohnheiten entwickelt, die Deinem Körper durch die Gewöhnung gut passen, einem anderen Menschen mit seinen eigenen Gewohnheiten aber nicht so zuträglich wären (… und umgekehrt…).

DIE ART ZU ESSEN: WIE SOLLEN WIR ESSEN? – In kurzen, präzisen Worten lesen wir dazu in den klassischen vedischen Schriften des Ayurveda:

Warm (d.h. frisch zubereitet bzw. frisch gekocht, solange das Essen noch warm ist)

Ölig (d.h. Gute, hochwertige Qualitätsfette und Öle gehören unbedingt zu einer vollwertigen Ernährung, um alle Gewebe mit Nährstoffen zu versorgen.)

Angemessene Menge (d.h. nicht über den Appetit hinaus zu essen, aber auch nicht zu wenig zu essen)

Verdauungszeit (d.h. Erst wenn die vorhergehende Mahlzeit vollständig verdaut ist, ist es ratsam, die nächste ganze Mahlzeit einzunehmen.)

Ungünstige Lebensmittelkombinationen vermeiden (d.h. Auch die Kombination von Speisen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften, z.B. heiß-kalt, wie wir sie vom Eisbecher „Heiße Liebe“ oder dem guten alten Eiskaffee kennen, sollte sich nicht im täglichen Speiseplan finden.)

Wohlfühlen am Essplatz (d.h. Am Besten isst Du an einem ruhigen, sauberen Ort, gerne in Gesellschaft lieber Menschen. Gönn Dir diesen kleinen Luxus aber auch – und gerade, wenn – Du alleine isst: Stell Dir eine hübsche Blume auf den Tisch oder falte Deine Serviette zu einem Schwan; sei kreativ, sei achtsam – mit Dir und Deinem Essen… und erfreu Dich ganz bewusst am schönen Anblick.)

6+1: Eine Mahlzeit soll alle 6 Geschmacksrichtungen (süß, salzig, sauer, scharf, bitter, herb) enthalten – UND für Dich schmackhaft sein. Du sollst und darfst dein Essen gerne und mit Freude essen!

Nicht zu schnell essen.

Nicht zu langsam essen.

Nicht sprechen.*

Nicht lachen.*

Verbinde Dich mit Deinem Essen.*

* Nicht sprechen? Nicht lachen? Mich mit dem Essen verbinden? – Das scheint jetzt vielleicht ein bisschen weltfremd und weit hergeholt!?!

Was damit gemeint ist, lässt sich vielleicht etwas weniger dogmatisch so formulieren: Konzentriere Dich – während Du isst – mit allen Sinnen voll und ganz auf Dein Essen. Mach Dir bewusst, dass diese Speise Dir Kraft und Energie für Deinen Tag schenkt. Bleib mit deinem Gespür bei Dir, um ganz bewusst wahrzunehmen, wieviel dein Körper gerade wovon braucht und wann Du satt bist.

Nicht umsonst heißt es schließlich: Du bist, was Du isst.

Foto, Text, Idee & Gestaltung: Mag. Sigrid Liberato

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